20200707_074429680_iOS

ExpertenTalk: Training bei LWS-Syndrom und Bandscheibenvorfall mit Daniel Nehring

In dieser Folge beantwortet Rückenspezialist Daniel Nehring eure Fragen zum Thema. Daniel ist Sportphysiotherapeut des DOSB und hat u.a. viele Jahre Erfahrung in der Betreuung von Kaderathleten. Er arbeitet außerdem als Personal Trainer und ist seit 2012 HeadCoach beim CityBootCamp in Dresden. Seine Kernkompetenzen sind Asymetrisches Training sowie die Therapie bei Rückenleiden.

Hier geht´s zum kompletten Interview.

Zusammenfassung:

Schmerz ist „Ausrufezeichen des Körpers“

Zum Grundverständnis ist es wichtig, den Rückenschmerz als ein Symptom, und nicht als Ursache zu verstehen. Für viele beginnt mit dem Gang zum Arzt eine Odyssey. Viel zu oft lautet der ärztliche Rat, man müsse nun kürzer treten, der Schaden sei nun einmal da. Tatsächlich sind die allermeisten Rückenbeschwerden jedoch reversibel.

Ausweichbewegungen, die meist zu Beginn auftreten, sind erst einmal richtig. Der Körper geht in eine Schonhaltung, um Schlimmeres zu verhindern. Kommt es darüber hinaus zu Störungen in der Motorik oder strahlt der Schmerz in andere Körperregionen aus, dann liegen erste Schäden an Nerven und neurogenen Strukturen vor. Ein Gang zum Arzt ist hier dringend anzuraten.

Sowohl präventiv, als auch in der Therapie empfiehlt Daniel regelmäßige Übungen zur Dekompression (Siehe CBC Instagram Guide „Verspannungen lösen“ und „Mobility & Stretch“). Dadurch werden die Wirbelsäulenstrukturen entlastet und versorgt.

Daniel rät zu einem sehr maßvollen Umgang mit Schmerzmitteln, da sie die für eine Heilung wichtigen körpereigenen Signale unterdrücken. Entgegen vielen Empfehlungen von Ärzten, rät er tagsüber keine Schmerzmittel zu verwenden, wenn nicht unbedingt notwendig. Am meisten Sinn machen sie in der Nacht, um erholsamen Schlaf zu bekommen.

Die Akutphase

Spätestens wenn die für solche Leiden typische Akutphase von etwa 3-5 Tagen nicht abklingen will, solltest Du einen Arzt aufsuchen. In der Regel kommt es jedoch zu einer Linderung nach den ersten 3 Tagen.

In einer solchen Akutphase sollte kein klassisches Training ausgeführt werden. Daniel empfiehlt eine langsame Mobilisierung ohne Widerstand.

Bei den meisten Bandscheibenvorfällen erfolgt der Prolaps nach hinten außen. Ein Stufenlagerung in Rückenlage ist daher oftmals nicht die beste Lösung, da sie den Druck auf die betroffene Stelle sogar noch verstärken kann. Höre an dieser Stelle also genau auf die Signale Deiner Körpers. Daniel empfiehlt als bessere Alternative eine Lagerung in Bauchlage, bei der beispielsweise ein großes Kissen unter den Bauch gelegt wird. Diese führt zu einer Dekompression der Wirbelsäule und verschafft den Strukturen Raum.

Ursachenforschung und Grundlagentraining

Nach Abklingen der ersten Beschwerden geht es an die Ursachenforschung. Woher kommen die Schmerzen und wo gibt es eine strukturelle Dysbalance? Dazu werden Körperhaltung, individuelle Anatomie und Bewegungsmuster analysiert. Eine ausführliche Anamnese ist wichtig und sollte von jemanden mit entsprechender Erfahrung und Ausbildung vorgenommen werden. Da 80% aller Rückenbeschwerden auch eine psychosomatische Komponente (Stress in verschiedensten Formen) haben, wird bei guten Therapeuten auch Wert auf eine Alltags- und Sozialanamnese gelegt.

Daniel rät zu Beginn von Training und Therapie von Rotationsbewegungen ab. Vielmehr empfiehlt er anti-rotatorische Übungen. Dabei wird statisch gegen einen äußeren Widerstand gearbeitet, und zwar gegen die Rotation. Zu Beginn sollte mit wenig Widerstand und kurzen Hebeln gearbeitet werden, später kann dies stufenweise gesteigert werden. Auch die fließende Veränderung der Hebelkräfte innerhalb der Übung ist ein hervorragender Trainingsreiz. Ebenso empfiehlt sich ein asymmetrischer Trainingsansatz, bei dem beispielsweise einbeinig/-armig gearbeitet wird. Die dadurch hervorgerufenen Trainingsreize stellen das sensomotorische System vor größere Herausforderungen. Weiterhin können solche Übungsvarianten effektiv zum Ausgleich muskulärer Dysbalancen genutzt werden.

Eine empfehlenswerte Übung bei der sich all das umsetzen lässt, ist die Pallof – Press. In einem demnächst auf unserem Kanal erscheinenden Beitrag, stellen wir euch Varianten und Progressionsmöglichkeiten mit dieser Übung vor.

Für diese erste Trainings- und Therapiephase wird ein Zeitraum von etwa 6 Wochen empfohlen. Sofern in diesem Zeitraum ausreichend Grundlagen und eine gesunde Basis geschaffen wurden, kann es langsam in das eigentliche Training gehen.

Weitere Tipps

  • Keine Rotationsbewegungen bis Woche 6, insbesondere nach OP
  • Bauchübungen sind bei LWS – Problemen oftmals der falsche Tipp
  • Trainiere besser Deine Rückenstrecker: anti-rotatorisch
  • Aktiviere und trainiere Deine Gesäß- und Beinmuskulatur, denn diese üben einen großen Einfluss auf Becken und Wirbelsäule aus
  • Mobilisiere täglich
  • Ernähre Dich anti-entzündlich. Ein sehr unterschätzter Faktor.

Wir hoffen euch einen kleinen Einblick verschafft zu haben.

Schon während des Interviews und im Anschluss erreichten uns viele weitere Fragen von euch. Um diese zu beantworten wird es ein weiteres Live-Interview mit Daniel geben:

Donnerstag, 25.03.2021, 09.30 Uhr, Live auf Instagram und später zum Abruf im Feed.

Solltest Du Daniels Dienste in Anspruch nehmen wollen, kannst Du gern eine spezifische Anfrage an ihn richten.